Geschichte der "Lahntalbahn" Koblenz – Wetzlar

Die rund 100 km lange Lahntalbahn ist eine landschaftich reizvolle Hauptstrecke entlang der Lahn mit zahlreiche Brücken und Tunneln. Die addierte Gesamtlänge der Tunnel beträgt mehr als sechs Kilometer.

Die Strecke ist bis auf den Abschnitt Limburg (Lahn) – Eschhofen als Teil der abzweigenden Verbindung nach Frankfurt am Main nicht elektrifiziert. Auf dem hessischen Abschnitt ist die Lahntalbahn ein Kulturdenkmal nach dem Hessischen Denkmalschutzgesetz.

Bau und Eröffnung

Die vorläufige Konzession zum Bau der Lahntalbahn wurde am 31. März 1857 an die Nassauische Rhein- und Lahn-Eisenbahn-Gesellschaft erteilt. Die Gesellschaft hatte sich zunächst als Wiesbadener Eisenbahngesellschaft gegründet, um eine Verlängerung der Strecke Frankfurt – Wiesbaden der Taunus-Eisenbahn zu errichten und zu betreiben. Eine entsprechende Konzession wurde 1853 erteilt und gleichzeitig in Nassauische Rhein-Eisenbahn-Gesellschaft umfirmiert. Mit der Erteilung einer vorläufigen Konzession für die Lahntalbahn benannte man sich konsequenterweise in Nassauische Rhein- und Lahn-Eisenbahn-Gesellschaft um.

Die erste Planung einer Eisenbahnverbindung entlang der Lahn aus den Jahren 1849/1851 entstammte dem belgischen Eisenbahningenieur Frans Splinghard, wurde aber von der nassauischen Regierung abgelehnt, da man seit 1844 umfangreich in den Ausbau der Lahn als Wasserstraße investierte. Die Pläne von Splinghard sahen eine weitestgehende Führung der Strecke entlang der Lahn vor, um so Brücken und Tunnel einzusparen und die Baukosten niedrig zu halten.

Der Bau der Strecke wurde 1857 aufgenommen, am 1. Juli 1858 erfolgte die Eröffnung des Streckenabschnittes Oberlahnstein – Ems, der jedoch kurz darauf durch einen Erdrutsch unterbrochen wurde. Der Konkurs der Nassauischen Rhein- und Lahn-Eisenbahn-Gesellschaft 1858 bedingte zudem den Konzessionsverlust am 14.10.1858. Die Nassauische Staatsregierung übernahm fortan den Weiterbau auf Staatskosten und beauftragte den den Bauinspektor Moritz Hilf bei gleichzeitiger beförderung zum Baurat mit der Leitung. Die Planung der Hochbauten übernahm der Architekt und Königliche Eisenbahn- und Betriebsinspektor Heinrich Velde. Hilf änderte die Splingardschen Pläne zu Gunsten einer Streckenbegradigung erheblich ab. Am 26.06.1862 erhielt Hilf von seiner Geburtsstadt Limburg die Ehrenbürgerschaft verliehen. Ab 1860 erfolgte die Fertigstellung von weiteren Teilstrecken, die Gesamtstrecke wurde am 10.01.1863 vollendet. Die Gesamtkosten für den Bau der Lahntalbahn betrugen 15,2 Mio. Gulden.

Mit dem Untergang des Herzogtums Nassau als eigenständigem Staat wurde Verwaltung der Strecke der Königlichen Direktion der Nassauischen Eisenbahn in Wiesbaden übertragen. Diese wurde zum 01.01.1867 in Königliche Eisenbahndirektion Wiesbaden umbenannt und unterstand der Königlich Preußischen Eisenbahnverwaltung (KPEV). Diese baute eine Verbindung nach Niederlahnstein, die am 15.05.1879 eröffnet werden konnte..

Während der Zeit des Deutschen Kaiserreiches war die Lahntalbahn ab 1871 Teil der Berlin-Wetzlarer Bahn (im Volksmund auch Kanonenbahn genannt) von Berlin nach Metz, die vorwiegend militärischen Transporten diente. Zur Erhöhung der Streckenkapazität wurde zwischen 1868 und 1884 durchgehend ein zweites Gleis errichtet, das jedoch nach dem Zweiten Weltkrieg nicht wieder vollständig aufgebaut wurde.

Die zuletzt nur noch von Güterzügen befahrene Verbindung zwischen Oberlahnstein und dem Abzweig Hohenrhein wurde 1983 stillgelegt, bis 1985 teilweise abgebaut und als Planum für eine Straße verwendet.

Nie umgesetzt: Elektrifizierung und direkte ICE-Anbindung

Die Lahntalbahn ist heute eine der wenigen Hauptstrecken Deutschlands, die nicht elektrifiziert ist. Die geringe Bauhöhe der 18 Tunnel sowie vieler der überführenden Brücken würden ein solches Vorhaben sehr kostspielig werden lassen. Entsprechende Planungen aus den 1970er Jahren wurden aus diesem Grund verworfen. Im Übrigen können aufgrund der niedrigen Tunnelbauhöhen keine Doppelstockwagen auf der Lahn eingesetzt werden.

Ein 2005 vorgebrachter Vorschlag, die Elektrifizierung mit Induktionsschienen durchzuführen und die Lahntalbahn zum Erprobungsträger für dieses System zu machen, konnte sich mangels Wirtschaftlichkeit eines solchen Inselbetriebes ebenfalls nicht durchsetzen.

Während der Planungen für die Schnellfahrstrecke Köln – Rhein/Main gab es Überlegungen, die Strecke über den bestehenden Bahnhof Limburg (Lahn) zu führen, was allerdings erhebliche Mehrkosten bedeutet hätte. Der außerhalb der Stadt liegende NBS-Bahnhof Limburg Süd ist heute nur mit Bussen an den an der Lahntalbahn liegenden "Stadtbahnhof" angeschlossen. Zwar wurde am 21.03.1990 ein Abkommen zur Elektrifizierung der Strecke als Zubringer zur Schnellfahrstrecke unterzeichnet, die Arbeiten aber aus den oben genannten Kostengründen nie aufgenommen.

 

Personenverkehr

Wurde die Lahntalbahn bis Ende der 1970er Jahre noch von Fernverkehrszügen genutzt, ist sie heute dem SPNV vorbehalten. Neben einem Eilzugpaar, das bis 26. Mai 1979 Trier bzw. zeitweise auch Luxemburg mit Westerland auf Sylt verband, existierte zusätzlich vom Sommerfahrplan 1972 an vier Jahre lang eine Verlängerung des D-Zuges Paris – Trier – Koblenz bis Gießen. Für das damals noch hohe Kurgastaufkommen in Bad Ems verkehrte außerdem ein Kurswagen Dortmund – Bad Ems, der auf der Lahntalbahn zeitweise im Eilzug Koblenz – Frankfurt (Main) mitgeführt wurde. Eine Besonderheit war die Führung des mit einer V 80 bespannten Eilzugpaares Frankfurt (Main) – Köln auf der Fahrt nach Norden via Grävenwiesbach – Weilburg – Limburg (Lahn) – Westerwald. Einige der Eilzüge zwischen Koblenz und Gießen wurden zeitweise bis Fulda über die Vogelsbergbahn durchgebunden. Sporadisch verkehrten zudem Pilgersonderzüge nach Obernhof (Kloster Arnstein).

Der Fahrzeugeinsatz verteilte sich bis Ende der 1980er Jahre auf lokbespannte Züge (V 100, V 160) und Triebwagen (VT 98, ETA 150). Neben den Dieselloks der BR V 100 und V 160 war die Lahntalbahn lange Zeit eine Hochburg von Akkutriebwagen der Typen ETA 176 und ETA 150, die in Limburg unterhalten wurden. Das eingesetzte Wagenmaterial bestand zumeist aus Umbauwagen bzw. Eilzugwagen der Bauart E 30, lokbespannte Züge verkehrten meist im Schüler- bzw. Pendlerverkehr. Erst ab den 1990er Jahren konnten auch Silberlinge beobachtet werden, der Wendezugbetrieb erhielt erst Ende der 1990er Jahre in größerem Stil Einzug. Die Eilzüge Westerland - Trier waren bis Ende der 1960er Jahre mit Dampfloks der BR 01 bzw. 03 bespannt. Abgelöst wurden die Dampfloks kurzzeitig durch die BR V 200, die schon bald von neu gelieferten V 160 abgelöst wurden.

Mit der Auslieferung von fabrikneuen Dieseltriebwagen der BR 628/928 an das Bw Limburg ab Ende der 1980er Jahre wandelte sich das Bild grundlegend. Die vor den lokbespannten Zügen eingesetzten Loks der BR 212 und 216 wurden ab 1998 schrittweise durch die BR 215 ersetzt. Von Dezember 2002 bis Ende 2004 verkehrte dort die BR 218. Seit 28. Mai 1995 ist die Lahntalbahn in den "Rheinland-Pfalz-Takt" eingebunden.

Seit der Betriebsaufnahme der vectus Verkehrsgesellschaft mbH am 12. Dezember 2004 präsentiert sich die Lahntalbahn zweigeteilt. Neben den weiterhin durchgehend von der DB Regio AG erbrachten RE-Leistungen (BR 612 bzw. zeitweise auch 643/943) werden die RB-Fahrten aus LINT der vectus (Koblenz – Limburg) bzw. 628/928 der DB Regio gebildet. Durchgehende RB-Leistungen existieren seitdem nicht mehr. Seit Dezember 2006 sind einige RB-Leistungen aus Limburg (Lahn) auf die Vogelsbergbahn bis Alsfeld bzw. Fulda durchgebunden.

In Doppeltraktion BR 628/928 verkehren im Jahresfahrplan 2009 an Mo-Fr folgende Züge: 25342, 25347, 25348, 25351, 25352, 25389.

Zwischen Limburg (Lahn) und Gießen werden seit 4. Juli 2005 wieder Leistungen mit vectus-Triebwagen erbracht, die der Anbindung der Fahrzeuge an die Gießener Waschanlage dienen. Im Jahresfahrplan 2008 waren dies: 84387 samstags, 84380 samstags, 84381 samstags, 84382 samstags, 84383 Mo-Fr sowie 84384 Mo-Fr.

Mit modernen Fahrzeugen und teilweise auch neuem Fahrplan übernahm die Hessische Landesbahn drei Schienenstrecken zum Fahrplanwechsel am 11.12.2011 im Rhein-Main-Verkehrsberbund (RMV). Dazu gehörten auch die RB-Leistungen zwischen Limburg (Lahn) und Gießen.

Nach einer weiteren Ausschreibung wurde im Oktober 2012 entschieden, dass die DB Regio AG im Dezember 2014 wieder die RB-Leistungen Limburg (Lahn) – Koblenz übernimmt. Die RE-Verkehre auf der Lahn verbleiben bei DB Regio.

Güterverkehr

Der einstmals umfangreiche Güterverkehr auf der Lahntalbahn nahm mit dem Niedergang der Erzförderung im Lahntal stark ab. In den 1990er Jahren entfielen zudem noch vorhandene Durchgangsgüterzüge, zeitweise war der Abschnitt östlich von Limburg bis auf die Tonzüge Löhnberg – Limburg (Lahn) ohne Güterverkehr. In diesen Zeitraum fällt auch der Rückbau der in vielen Bahnhöfen ursprünglich vorhandenen ausgedehnten Gleisanlagen bis auf wenige Ausweichgleise. Neben Limburg (Lahn) ist Löhnberg heute der einzige Unterwegsbahnhof der Lahntalbahn, an dem noch Güterzüge halten. Zuvor waren nur noch Fachingen (Mineralwasser) und Nassau (Firma Leifheit) bedient worden.

Erst seit 2002 ist wieder ein Ansteigen der Güterzugleistungen zu verzeichnen, die 2004 durchgeführte Sanierung des Oberbaus lässt auch weiterhin hohe Achslasten zu. Die Verlagerung von Zugbildungsaufgaben aus Gießen nach Wetzlar im Dezember 2006 sorgte für einen sprunghaften Anstieg der Leistungen auf der Lahn, die seitdem verstärkt für den Wagentausch zwischen den beiden Knoten Koblenz-Lützel und Wetzlar genutzt wird. Mit einem regelmäßig verkehrenden Kesselwagen-Ganzzug von Neuwied nach Bernburg (Saale) befährt auch wieder eine überregionale Leistung die Strecke. Die ab Frühjahr 2010 wieder aufzunehmenden Kalktransporte aus Steeden werden auch via Limburg (Lahn) Richtung Ludwigshafen verkehren.

Zwischen Limburg und Löhnberg verkehrt an W (Sa) zudem noch ein Übergabezugpaar, um die in Löhnberg befüllten Tonwagen zum Knoten Limburg abzufahren.